So die Diagnose der Französischen Staatspräsidenten Macron, der damit gewiss etwas Wesentliches richtig und klar
macht: Der Anschlag in Nizza, die Anschläge, die Frankreich erschüttern, bei denen jedes mal ein Angriff aus islamistischen Motiven auf die westliche
Lebensweise, sei es in religiösem oder kulturellem Zusammenhang, stattfindet, ist eben kein Kampf zwischen zwei Kulturen oder Religionen. Der Riss zieht
sich mitten durch die islamische Welt, wie auch durch die westliche Gesellschaft.
"Krise" ist da vielleicht nicht das richtige Wort, es geht vielmehr um einen Umbruch, der natürlich auch als "Krise" im Dauerzustand
gesehen werden kann. Der Islam, und das heißt eben auch, jede*r einzelne Muslim*in wird in den letzten Jahrzehnten ebenso zunehmend mit der westlichen
Welt konfrontiert, wie diese selbst, und damit jede*r Einzelne mit dem Islam. Hüben wir drüben gibt es den ganzen Fächer von Reaktionen, Weltbildern,
Auffassungen, wie damit umzugehen sei. Und hüben wie drüben gibt es auf der einen Seite Hardliner*innen und auf der anderen offene und auch neugierige
Teile.
Und natürlich kann man/frau jetzt eine gedankliche Linie zwischen der islamischen und der westlichen Lebensweise ziehen. Das machen
auf der einen Seite die islamistischen Hardliner*innen und auf der anderen die AfD oder der Front Nationál und solche Vögel. Und da zeigt sich auch
schon, dass Islamist*innen und Rechtsradikale absolut gemeinsame Interessen in der Sichtweise und der Interpretation haben.
Und entsprechend kann die Linie eben, anstatt senkrecht, zwischen Islam und Westen, auch waagerecht gezogen werden, wodurch klar
wird, dass die Auseinandersetzung zwischen den liberalen und den reaktionären Kräften stattfindet, egal ob Islam, Christentum, westliche Welt oder
sonst was. Das ist auch der Grund dafür, dass viele unserer Nachbar*innen, die Muslime sind, mit all dem nichts zu tun haben und auch nicht zu tun
haben wollen. Da gibt es die Linie zwischen Islam und westlicher Welt nämlich nicht. Die leben islamisch in der westlichen Welt und fühlen sich
pudelwohl dabei. Das einzig Nervige sind die Auseinandersetzungen zwischen den liberalen und den radikalen Kräften auf beiden Seiten.
Und da hat Macron recht, wenn er darauf hinweist, dass dies eben keine Auseinandersetzung zwischen Westen und Islam, sondern vor
allem eine Auseinandersetzung innerhalb des Islam ist, bei der wir die liberalen Kräfte unterstützen und mit ihnen zusammenarbeiten müssen. Denen wir
auch sagen müssen, dass wir sie jetzt brauchen, eben genau in der Auseinandersetzung mit den radikalen Kräften, völlig egal ob Westen oder Islam oder
sonst was. Wir stehen auf einer Seite! Und da hat er eben auch Unrecht, denn es ist keine "Krise des Islam", sondern es ist ein Umbruch, der auch nicht
nur im Islam stattfindet, sondern auch in den westlichen Gesellschaften. Wir müssen diese Auseinandersetzung gemeinsam mit allen liberalen Kräften
gegen die Interessengemeinschaft von AfD, Islamisten und Front National, genauso in Europa, wie auch in der islamischen Welt und mit unseren
französischen Freundinnen und Freunden führen.
Gerd Klünder
gkluender@gmx.de